Kythira entdecken – Geheimtipp zwischen Mythos & Meer
- Kythira entdecken – Geheimtipp zwischen Mythos & Meer
- Warum ausgerechnet Kythira?
- Anreise nach Kythira – Zwischen Himmel, Meer und Umwegen
- Erste Eindrücke – Ungeplant, entschleunigt, einnehmend
- Kythira und Ihre Dörfer – Ursprünglichkeit als Prinzip
- Mylopotamos – Wasser, Mühlen, Wunder
- Avlemonas – Zwischen Geschichte und Leichtigkeit
- Strände auf Kythira – Kein Spektakel, sondern Substanz
- Natur & Bewegung – Wanderungen für Geist und Sinne
Warum ausgerechnet Kythira?
Immer wenn ich die Nachfrage nach unserem diesjährigen Urlaubsziel mit „Kythira“ beantwortet habe, konnte ich sehr viele Fragezeichen auf den Gesichtern meiner Gegenüber erkennen. „Ich nehme an, das ist Griechenland …?“ folgte darauf, weil alle meine Leidenschaft für dieses Land kennen.
Die meisten Menschen haben noch niemals von Kythira gehört – wenn überhaupt, dann im Zusammenhang mit dem „Mechanismus von Antikythira“, der in archäologischen Kreisen seit Jahren als eine nicht endende Sensation gilt. Auch ich hatte noch niemanden nach seinen Erfahrungen mit dieser Insel befragen können. Das war für mich der größte Anreiz – und zugleich die beste Bestätigung, mir genau diese Insel vorzunehmen.
Verbunden mit der Hoffnung, ein Stück unverfälschtes Griechenland ohne Verquickung mit dem Massentourismus zu entdecken. Dazu noch in der absoluten Vorsaison, ab Ende Mai.
Und ich nehme es vorweg: Meine Hoffnung wurde nicht enttäuscht.
Anreise nach Kythira – Zwischen Himmel, Meer und Umwegen
Kythira ist kein Ziel für Spontanbucher. Wer hierher will, muss es wirklich wollen. Der kleine Flughafen verbindet die Insel im Sommer mit Athen, die Flugdauer ist kurz, die Kontingente knapp. Wer mit dem Auto anreist, nimmt die Fähre von Neapolis – oder, mit Umwegen, auch von Gythio oder Kissamos auf Kreta. Gerade diese „Anstrengung“ macht Kythira zum Geheimtipp: Die Insel lässt sich nicht zufällig entdecken, sondern nur mit bewusster Entscheidung.
Erste Eindrücke – Ungeplant, entschleunigt, einnehmend
Kythira empfängt einen nicht mit offenen Armen, sondern mit stillem Blick. Keine Hafenpromenade mit Palmen, kein Empfangskomitee aus Bars und Beachclubs. Stattdessen eine Straße, die sich durch grüne Hügel windet, gesäumt von wilden Oleandern und vereinzelten Eseln. Man braucht ein paar Stunden, um zu verstehen: Hier ticken die Uhren langsamer – und das ist gut so.
Kythira und Ihre Dörfer – Ursprünglichkeit als Prinzip
Chora – Hauptstadt mit venezianischem Blick
Chora sitzt auf einem Felsen wie ein Adlerhorst. Ihre Festung, das Kastro, stammt aus venezianischer Zeit und wurde im 13. Jahrhundert auf den Ruinen einer byzantinischen Anlage errichtet. Von dort aus hat man einen weiten Blick auf das Meer bis zur Peloponnes.
Die Gassen darunter sind schmal, mit weiß getünchten Häusern und farbigen Fensterläden, liebevollen Details wie Türklopfern in Handform, in die Fassade eingelassene Nischen über der Eingangstüre, die oft auch überraschende Inhalte zeigen, die unverwüsliche, unvermeidliche Bougainvillea mit Ihrem Pink, an dem man sich nicht satt sehen kann, den liebevoll bepflanzten Ölkanistern, Tontöpfen, oder anderen kuriosen, zu Pflanzgefäßen umgewidmeten Gegenständen und der ganze Charme, den ein Bilderbuch-Dorf der griechischen Inselwelt für den Besucher in großen Dosen versprüht.
Kleine Läden, die nicht nur den unvermeidlichen Kitsch, sondern auch hochwertige Handarbeit offerieren oder auch Kleidung, Schmuck, Schuhe in einem Ambiente, das nicht darauf ausgelegt ist, Touristen abzuzocken, sondern zu gefallen, Cafés und eine ruhige Würde prägen das Bild.
Chora ist kein Ort der großen Gesten, sondern der leisen Töne. Gerade abends entfaltet sich seine melancholische Schönheit, wenn das Licht über den roten Ziegeldächern langsam verblasst, auch wenn der riesige Parkplatz am Dorfausgang schlimmes für die Hauptsaison erahnen lässt.
Mylopotamos – Wasser, Mühlen, Wunder
Mylopotamos trägt seinen Namen mit Recht – der „Fluss der Mühlen“ hat diesem Ort über Jahrhunderte Wohlstand beschert. Und bis heute scheint das Wasser hier die Zeit zu bändigen.
Im oberen Teil des Dorfs stehen noch stattliche Häuser, viele mit feinen, neoklassizistischen Details, die von einem gewissen Wohlstand im 19. Jahrhundert zeugen. Besonders auffällig ist die kleine Platia mit ihrem alten Waschplatz, der noch heute in Betrieb zu sein scheint. Die Taverne dort lebt nicht vom Durchlauf, sondern vom Bleiben.
Der eigentliche Zauber entfaltet sich jedoch abseits der Straße: Der Pfad der Wassermühlen führt talwärts durch eine immergrüne Schlucht, begleitet vom Plätschern eines schmalen Bachs. Moosbewachsene Mauerreste, zerfallene Mühlräder, efeubewachsene Bögen – alles wirkt wie aus einer anderen Zeit.
Die Kapelle Agios Ioannis tou Prodromou schmiegt sich in eine feuchte Nische aus Fels und Farn. Wer hier entlanggeht, bewegt sich nicht nur im Raum, sondern auch in der Geschichte.
Avlemonas – Zwischen Geschichte und Leichtigkeit
Avlemonas liegt an der Ostküste und scheint wie aus einem Aquarell gefallen. Die kleine Siedlung schmiegt sich in eine sanfte Bucht mit kristallklarem Wasser, das über Felsen, Steinplattformen und winzige Kiesflächen gleitet.
Wer früh kommt, badet in vollkommener Ruhe, das Meer beinahe unbewegt, nur von Lichtreflexen durchzogen. Auffällig ist der byzantinische Wachturm am nördlichen Rand des Hafens, einst Teil eines Verteidigungssystems gegen Überfälle von See. Heute wirkt er eher dekorativ, fast verloren zwischen den kubischen Häusern mit ihren weiß getünchten Fassaden, blauen Fensterläden und den sorgfältig gestalteten Terrassen.
Kleine Bucht von Avlemonas auf Kythira im weichen Licht der frühen MorgenstundenTavernen liegen so nah am Wasser, dass man beim Essen die Füße in die Brandung hängen könnte. Es gibt keine Uferpromenade, keinen Durchgangsverkehr, nur das leise Klirren von Geschirr, das Kratzen von Besteck auf Tellern, das Klappern eines Fensterladens. Avlemonas hat kein Zentrum, aber eine Seele – und wer sich ihr öffnet, wird bleiben wollen, länger als geplant.
Strände auf Kythira – Kein Spektakel, sondern Substanz
Auf Kythira gibt es für mich überraschend eine große Anzahl an Stränden, vielseitig und unterschiedlich wie die ganze Insel. Einer Anzahl schöner, organisierter Strände steht eine noch viel größere Anzahl an teilweise schwer zugänglichen, wilden Stränden gegenüber. Die Bilder, die dazu im Internet auf Youtube & Co. im Umlauf sind, zeigen dabei nur die bekannten Vertreter.
Die folgenden, angesprochenen Strände stellen nur eine kleine Auswahl der Möglichkeiten dar, die Kythira ihren Gästen bietet:
Kapsali – Die sanfte Seite der Hauptstadt
Direkt unterhalb von Chora liegt Kapsali mit seinem geschwungenen Strand, eingerahmt von zwei Buchten. Hier gibt es Cafés, Tavernen und die nötige Infrastruktur für einen geruhsamen Strandtag. Und dennoch: Kein Trubel, kein Lärm, keine Liegestuhl-Armee. Zumindest in der Vorsaison, als wir ihn besucht haben.
Am verlängerten Wochenende, wenn Familien bevorzugt organisierte Strände für ihren Tag am Meer wählen, sieht das Bild naturgemäß etwas anders aus. Trotzdem, durch die, dank der „Handtuchbewegung“ reglementierte Anzahl der belegbaren Strandabschnitte profitieren beide Seiten, sowohl die Menschen, die sich ohne Kosten an den Strand legen wollen, aber auch diejenigen, die Liegen und Sonnenschirme bevorzugen.
Dadurch entstehen keine mehrreihigen Sonnenschirmstrände, wie man es von Bildern von stark touristisch geprägten Ländern kennt.
Durch den Schutz der Bucht ist das Wasser an diesem Ort auch bei starken Winden relativ friedlich und durch das sehr langsame Abfallen ins Meer stellt der Strand auch einen perfekten Spot für ältere Menschen, Nichtschwimmer und Familien mit Kinder dar. Der Strand wie auch der Bereich im Wasser sind ausschließlich Sand.
Melidoni & Chalkos – Die stillen Favoriten
Auch diese beiden Strände sind organisiert, aber definitiv nicht überlaufen. Chalkos ist beliebt wegen der Kiesel, welche klares Wasser garantieren, er bietet zwei Bars, aber kein Gedränge.
Melidoni, mein persönlicher Lieblingsstrand, hingegen ist ein wenig versteckter, dadurch etwas ruhiger, besticht durch feinen Sand und damit einen guten Zugang ins Meer, ruhiges Wasser durch den Schutz einer Bucht relativ unabhängig von der Windrichtung und ist ideal für das Erleben malerischer Sonnenuntergänge. Die Musik der Strandbar ist dezent, so dass man sich auch gut erholen kann.
Beide Strände sind gut erreichbar und dennoch fernab von allem, was „massentauglich“ wäre.
Palaiopoli & Limionas – Raum für sich selbst
Palaiopoli zieht sich über eine weite Bucht im Anschluss an Avlemonas – perfekt für lange Spaziergänge am Meer. Durch die Ostlage naturgemäß etwas windexponierter, so dass man dort auch immer mal wieder auch größere Wellen hat. Die Strandbar hat bietet ein „Alfa“ für 4€ die Dose an, was ich dann doch als etwas überzogen empfinde.
Limionas hingegen ist klein, fast versteckt, mit Fischerbooten und einer kleinen Taverne. Wer hier badet, tut das meist allein. Ein trauhafter Strand, ganz weit Weg von Massentourismus, guter Zugänglichkeit zum Meer und an der Westküste bis auf Melidoni im ganz unten im Süden der einzige organisierte Strand. Der organisierte Betrieb war bei unserem Besuch noch nicht eröffnet.
Kaladi & die Wilden
Aus den nicht organisierten Stränden der Inseln stechen einige „Postkarten“-Strände heraus.
Der bekannteste aus dieser Gruppe ist wahrscheinlich Kaladi und er sieht aus wie gemalt: Felsbogen, türkisfarbenes Wasser, weißer Kies. Doch der Zugang ist beschwerlich, die auf dem Schild angebene Anzahl an Stufen hinunter zum Strand stimmt -nachgezählt und begangen- ganz genau. Wer Ruhe, Natur und Abgeschiedenheit sucht, wird belohnt. Für Familien mit kleinen Kindern oder Komfortliebhaber ist er dann doch eher ungeeignet.

Limnionas

Chalkos

Kaladi

Melidoni
Natur & Bewegung – Wanderungen für Geist und Sinne
Der Pfad der Wassermühlen bei Mylopotamos
Wer die Natur auf Kythira erleben will, kommt um diesen Weg nicht herum. Zwischen üppigem Grün, moosbewachsenen Steinen und dem beständigen Murmeln eines kleinen Bachs führt ein schmaler Pfad talwärts – vorbei an Ruinen ehemaliger Wassermühlen, die aus dem Dornröschenschlaf zu erwachen scheinen.
Dichtes Blätterdach taucht den Weg in wechselndes Licht, die Luft ist kühl und leicht feucht, selbst an heißen Tagen. Immer wieder kleine Brücken, steinerne Reste von Mühlrädern, efeubewachsene Mauern – Relikte einer Zeit, in der hier gearbeitet wurde. Ziel ist die Quelle Neraida, eine glasklare Wasserstelle, die wie verzaubert wirkt.
Der durchaus sehenswerte Wasserfall verleiht der Umgebung einen zusätzlichen Zauber und schreit geradezu dachach, fotografiert zu werden oder als Hintergrund der beliebten Selfies zu dienen. Hier verweilt man nicht nur mit dem Körper, sondern auch mit dem Blick.
Aufstieg nach Palaiochora
Ein Ort wie aus einer anderen Welt: Palaiochora liegt auf einem Felsplateau im Inselinneren, umgeben von tiefen Schluchten und dichtem Buschwerk. Der Aufstieg beginnt harmlos, ein gut begehbarer Pfad, doch schon bald öffnet sich die Landschaft – schroff, steinig, weit.
Dann die ersten Ruinen, eingestürzte Mauern, Mauerritzen voller Thymian. Was einst Hauptstadt war, liegt heute wie eine verlorene Erinnerung unter der Sonne.
Palaiochora, im 12. Jahrhundert als Agios Dimitrios gegründet, war einst das geistige und politische Zentrum der Insel, bis sie 1537 vom berüchtigten Piraten Barbarossa zerstört wurde. Der Legende nach blieb die Stadt trotz ihrer versteckten Lage nicht unentdeckt, weil ein Lichtschein aus einer Kirche den Angreifern als Wegweiser diente. Was folgte, war Zerstörung und Aufgabe, nie wieder wurde dieser Ort dauerhaft bewohnt.
Über zwanzig Kirchen soll es hier gegeben haben, ihre Reste stehen teils noch stolz, teils verwachsen im Dornengestrüpp. Noch immer sind selbst in ihren Ruinen Reste von bunten Fresken zu entdecken, was wiederum das ganze noch greifbarer für den interessierten Besucher macht.
Der Blick in die Ferne, auf das karge Land ringsum, auf die weißen Spitzen des Meeres – all das macht diesen Ort zu mehr als einer Sehenswürdigkeit. Es ist eine Begegnung mit der Vergänglichkeit und mit der Größe vergangener Zeit.
Amir Ali – Kapelle im Niemandsland
Ein unscheinbarer, nicht beschilderter Abzweig der Straße im Ort, eine „Straße“, die steil hinabführt und nur Platz für ein Fahrzeug lässt, und plötzlich steht man vor den Quellen von Amir Ali. Der Name verweist auf eine bewegte Geschichte, auf ein religiöses und kulturelles Grenzgebiet.
Begrüßt wird man am Parkplatz vor der leider aufgegebenen Taverne von einigen Gänsen, die gerade Mittagsschlaf halten und deswegen auch nicht einsehen, warum sie Fahrtzeugen ausweichen sollen. Eine Italienerin benötigt schon eine große Überzeugungskraft, dass die Gans freiwillig Platz für den Mietwagen macht.
Mit einem Löwenkopf eingefasst sprudelt aus der Hauptquelle das Wasser und speist einen kleinen Bach, der aus mehreren Nebenquellen gespeist wird. Ein angelegter Pfad führt wenige hundert Meter durch das Bachtal, umrundet von hohen Gräsern, von wilden Kräutern und einer fast unmerklichen Stille.
Der aufmerksame Beobachter erfreut sich an vielen Details der Natur, besonders an den verschiedensten Libellenarten und anderen Insekten. Der Ort hat nichts Spektakuläres, aber alles, was es braucht, um einen Moment zu verweilen, innezuhalten. Wer ihn findet, hat nichts gesucht und doch etwas Wichtiges entdeckt.
Ausblick auf Teil 2
In Teil 2 geht es um das, was unter der Oberfläche liegt: Kythiras Geschichte, seine Klöster, seine Mythen – und auch um seine Versäumnisse. Warum bleibt so viel Potenzial ungenutzt? Was sagen die Spuren der Vergangenheit über das Heute? Und was macht diese Insel mit denen, die sich ihr wirklich annähern?
Ein Artikel für alle, die mehr wollen als nur Sonne und Sand.
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